Photo zine
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Früher warteten viele Menschen nach der Rückkehr aus dem Urlaub mit Spannung auf die Umschläge mit den entwickelten Filmen und Fotoabzügen. Die letzteren wurden dann in Alben eingeklebt oder in diversen Schachteln und Labortüten aufgehoben. „The zine is dedicated to the fading culture and aesthetics of the family album“, so Lena Kholkina auf der letzten Seite der hier vorgestellten Publikation.
Eine ganze Anzahl an Seiten aus Fotoalben oder an aufgeschlagenen Flipalben bekommt der Betrachter als Abbildungen zu sehen. Außerdem zeigt Kholkina in ihrem Zine, dessen Bildmaterial aus den privaten Archiven der Familien Kholkin, Selivanov und Tatarchenko stammt, Umschläge zur Auslieferung von Negativen und Abzügen aus vordigitalen Zeiten. Bilder vom Urlaub oder der Geburtstagsparty sind zu sehen, oft mit Teilen einer Hand, die durchs Album blättert. Das erinnert den Leser des Zines immer wieder an seine eigene Position als Betrachter, weist damit aber auch auf die typische Situation hin, dass einem vom Urlauber die Bilder später stolz vorgeführt werden.
Schon der genarbte Umschlag der Publikation ahmt auf der Vorderseite ein solches Urlaubs- bzw. Familienalbum mit Kunstledereinband nach, während auf der Rückseite ein Laborumschlag von Fujicolor prangt. In ihrem Text, der in der Mitte des Heftes abgedruckt ist und so gestaltet ist, als wäre er Bestandteil eines weiteren Albums, singt Kholkina ein Loblied auf die fotografische Dokumentation des eigenen Urlaubs. „You fixate almost everything that you see – food, a cup of coffee, yourself in the mirror, yourself on any kind of background. It is important to conserve everything as it was – it's a kind of canned goods. Winter will be long.“
Es ist also ganz passend, dass auch das Zine eine Menge guter Laune versprüht, obwohl manchen beim Betrachten der Abbildungen auch etwas Wehmut befallen mag, wenn er/sie an die heutigen auf Festplatten gespeicherten Bilder denkt, die sich größtenteils nie in greifbarer Form materialisieren werden. Die ausgewählten Bilder sind erkennbar über eine längere Zeitspanne entstanden. Die Farbigkeit ist geprägt von einem recht knalligen Inkjetdruck, der dann aber im Kontrast auch die verblassten, ins Rötliche kippenden Farben mancher alter Fotografien ganz gut wiedergibt. Lena Kholkina beschäftigt sich mit durchaus unterschiedlichen Themen, aber die Einbeziehung von „vorgefundenen“, älteren Fotografien und deren Mischung mit eigenem Bildmaterial spielt häufig eine Rolle. Ein Blick auf die Website der Fotografin lohnt sich nicht nur für Katzenliebhaber (auch in „Photo zine“ spielt diese Katze eine kleine Rolle), die wissen möchten, was Martin Parr mit diesem Tier zu tun hat.
Fakten:
Lena Kholkina: „Photo zine“, Moskau 2015
self-published
68 Seiten, 60 Abbildungen in Farbe (Inkjet), 21cm x 14,5 cm, von Hand gebunden
alle Texte in englischer Sprache
limitierte, nummerierte und signierte Auflage von 50 Exemplaren
Website der Fotografin mit Angaben zu weiteren Publikationen und Bestellmöglichkeit