Heures enfantines et chrétiennes

Autor(en): 
Ivopno: "Heures enfantines et chrétiennes", Tours, 1936

 

Eine kuriose Mischung aus Propaganda- und Kinderbuch ist mir jetzt bei meinem Besuch in Paris auf dem Büchermarkt im Parc Georges Brassens begegnet. Schon der Titel „Heures enfantines et chrétiennes“ macht diese Kombination deutlich, denn die Propaganda bezieht sich auf die Vermittlung christlicher Werte.

Erschienen ist das Buch im Verlag Maison Mame, der wohl für gut-katholische Literatur bekannt war. Aber auch Kinderbücher und Kinderfibeln waren eines der Hauptfelder dieses Verlagshauses. Insofern treffen im vorliegenden Band beide Spezialisierungen zusammen. Kurze Informationen zum Verlag finden sich unter folgendem Link: http://blog.bnf.fr/gallica/?p=1183

 

Ivopno ?

 

Zu dem Fotografen bzw. der Fotografin mit dem Namen Ivopno habe ich nur die Vermutung eines Antiquars entdeckt, es könnte sich um einen, mir ebenfalls unbekannten, Yves Hoppenot handeln. Falls jemand etwas dazu weiß, würde ich mich über eine Nachricht sehr freuen. Der Textautor des Buches ist nicht genannt.

 

Titelblatt

 

Grob gesagt geht es im vorliegenden Buch um die Vermittlung einer katholischen Grundhaltung für Kinder. So findet sich die Beschreibung einer ganzen Menge von kirchlichen Ritualen wie der Umgang mit dem Weihwasser beim Betreten der Kirche, der Besuch der Heiligen Messe, die Ablegung der Beichte oder die Erstkommunion. Aber dazu zählt natürlich auch das regelmäßige Gebet zuhause. Und es geht um die Erziehung, deren Hauptziel brave Kinder zu sein scheinen. Im Prolog werden abschreckende Beispiele genannt. Zum Beispiel Alain, der mit seiner Trompete einen Heidenkrach veranstaltet, oder Sophie, die ihrem Teddybären die Haare ausreisst.

 

Brave Kinder

 

Im Gegensatz hierzu werden in den Kapiteln des Buches die Kinder durch einen beispielhaften Tag begleitet. Vom Aufstehen am Morgen, das schwerfällt, aber zu Ehren Gottes dann fröhlich erfolgt, bis zum abendlichen Gebet vor dem Schlafen. Dazwischen liegen: ein Besuch der Heiligen Messe; die Gabe von Almosen an Arme; Versuchungen durch den Satan, die im Gespräch mit Jesus erfolgreich bekämpft werden; gemeinsames Spielen; das Lernen für die Schule; und ein Ausflug in die Natur, wo man dem arbeitsamen Landmann mit seinen willigen Arbeitspferden begegnet.

 

Doppelseite

 

 

Der Tageslauf wird begleitet von zahlreichen Ermahnungen („"Vite! à genoux au pied du Crucifix." oder "Allons! au travail!") und mehr als 30 Scharz-weiß-Abbildungen im Tiefdruck. Die fotografischen Bilder illustrieren die Geschichten ziemlich nahe am Text. Das kleine Mädchen gibt dem blinden Bettler ein Almosen. Es kniet im Beichtstuhl. Wir sehen die Kinder beim Spielen und dann auch beim Lernen mit einem Buch zur französischen Geschichte. Im Übrigen eine frühe Form von „Product Placement“, denn das abgebildete Buch ist ebenfalls bei Mame erschienen. Und die satanische Versuchung durch Spielzeug und Süßigkeiten illustriert die Ansicht der Auslage eines Spielwarengeschäfts bzw. der sehnsüchtige Blick des kleinen Jungen ins Schaufenster der Konditorei.

Schließlich sind sogar die Puppe und der Teddy erstaunt, wie brav die Kinder geworden sind. Und am Ende des Buches liegen Béatrice und Alain schlafend im Bett „...si heureux et si calmes, comme des enfants sages et chrétiens, que maman, venue les embrasser, croit voir les Anges qui les veillent e dont ils reflètent la pure beauté.“ Und folgerichtig zeigt das letzte Bild dann auch keine echten Kinder mehr, sondern Puppen in ihren Bettchen, die von Engelsfiguren bewacht werden.

 

 


 

 

Fakten:

 

Ivopno: „Heures enfantines et chrétiennes“, Tours, 1936

Maison Mame

32 Seiten, 31 Abbildungen in S/W, 28 cm x 22 cm

 

Cover Rückseite