Fünf Orte im Leben von Max Frisch gesehen von Fernand Rausser

Autor(en): 
Fernand Rausser: "Fünf Orte im Leben von Max Frisch", Frankfurt / Main 1981

 

Zur Zeit ist der Suhrkamp Verlag Dauerthema in den Artikeln der Feuilletons. Die juristischen Auseinandersetzungen um die Führung des Verlags führen dazu, dass in der Presse immer wieder neue Szenarien von Fortbestand oder Untergang des traditionsreichen Hauses beschrieben werden. Eigentlich ist der Verlag natürlich nicht für die Produktion von Fotobüchern bekannt. Trotzdem gibt es ein dort erschienenes Buch, das berechtigterweise als solches bezeichnet werden kann.

Allerdings hat Fernand Raussers (geb. 1926) Buch, passend zum Verlag, auch eine Menge mit Literatur zu tun. Rausser beschreibt in seinen Fotografien fünf Orte in kontrastreichen S/W-Abbildungen mit satten Schwarztönen. Diese Orte sind  Zürich, Rom, Berlin, das Tessin und New York. Allesamt waren Wohn- oder längerfristige Aufenthaltsorte des bekannten Schweizer Schriftstellers Max Frisch (1911-1991).

 

Zahlreiche Porträts Max Frischs

 

In den beiden Kapiteln über Zürich und das Tessin spielt die Präsenz Frischs in den Fotografien eine bedeutsame Rolle. Zahlreiche Porträts, oft mit der fast unvermeidlichen Pfeife, befinden sich hier zwischen den Bildern von Landschaft und Stadt. Aber Frisch ist im Buch auch durch den Abdruck eigener Texte gegenwärtig. In diesen geht es um den Begriff der Heimat oder kurze Erinnerungen aus den Tagebüchern an Begebenheiten an ebendiesen Orten.

Fernand Raussers Bilder sind faszinierende Porträts von Orten, die inzwischen auch auf ganz eigentümliche Weise von Vergangenheit erzählen. Das hat neben der Abbildung nicht mehr existenter Orte, wie der Berliner Mauer, auch mit dem Stil der Schwarz-Weiß-Fotografien zu tun. Und vielleicht auch mit den immer wieder eingestreuten typografischen Elementen aus dem Stadtbild, welche wie die jeweilige Bekleidungsmode der abgebildeten Personen oder die auf den Bildern zu entdeckenden, längst nicht mehr hergestellten Automodelle vom Vergehen der Zeit sprechen. Insofern ist das immer noch beim Verlag lieferbare Buch (in etwas veränderter Form, jetzt unter der ISBN 978-3-518-02843-8) für den heutigen Betrachter wahrscheinlich ein ganz anderes, als beim ersten Erscheinen im Jahr 1981.

 

Flexibles Layout

 

Das flexible Layout nutzt immer wieder die ganze Breite der Doppelseiten, sei es um ein über beide Seiten reichendes, randloses Panorama abzudrucken, oder um fast schon filmische Sequenzen wiederzugeben. Da können in letzterem Fall eindrucksvoll gestikulierende Personen auf römischen Straßen, Segmente von New Yorker Wolkenkratzern oder auch eine Reihe von Porträts Max Frischs auf einer Doppelseite versammelt sein, jeweils getrennt von schmalen, weißen Vertikalen.

Fernand Rausser hat neben dem hier vorgestellten Buch viele weitere Bildbände veröffentlicht. Inzwischen tut er das im eigenen Wegwarte Verlag, auf dessen Internetseiten sich auch eine recht ausführliche Bibliografie findet: www.wegwarte.ch/rausser/primaerliteratur.htm

 

"Hier also hausen wir?"

 

Es könnte sein, dass die so unterschiedlichen Orte, die hier beschrieben werden, ein bisschen das „Heimweh nach der Fremde“ Frischs wiederspiegeln. „...ich selber, wohnhaft im Tessin, würde nie sagen, der Tessin sei meine Heimat, obschon ich mich dort wohlfühle.“ schreibt Frisch in einer Rede zur Verleihung des Großen Schillerpreises 1974 in Zürich, um dann verwundert im Tagebuch zu fragen: „Hier also hausen wir?“

 

 


 

 

Fakten:

 

Fernand Rausser: „Fünf Orte im Leben von Max Frisch gesehen von Fernand Rausser“, Franfurt/Main 1981

Suhrkamp Verlag

ISBN: 3-518-02843-X

174 Seiten, 178 S/W-Abbildungen, 23,5 cm x 24,5 cm

im kartonierten Schuber