"Thomas Hoepker - Fotografien aus Amerika 1963-2013"
Die Galerie der Stadt Fellbach zeigt nach einer Pause zur Zeit wieder eine Fotoausstellung und zwar Bilder aus den USA von Thomas Hoepker. Im oberen Stockwerk der Galerie werden die S/W-Fotografien Hoepkers gezeigt, die 1963 auf einer Reise zusammen mit Rolf Winter im Auftrag der Zeitschrift Kristall entstanden (zur Zusammenarbeit der beiden vgl. auch meinen Artikel zum Buch „yatun papa“). Im unteren Stockwerk hängen die Farbfotografien aus späteren Jahren. Ganz nebenbei zeigt die Ausstellung mit diesem „dualen“ Konzept, wie überzeugend Thomas Hoepker den Wechsel von der S/W-Fotografie zur Einbeziehung von Farbe in die Bildkompositionen geschafft hat. Und trotzdem beeindrucken mich die S/W-Aufnahmen noch ein bisschen mehr. Aber vielleicht liegt das ja auch am etwas höheren Potential zu einer rückblickenden Melancholie. Wobei die Aufnahmen aus dem Jahr 1963 alles andere als sentimental sind. Hoepker spart die damaligen (im Übrigen bis heute andauernden) Rassenkonflikte nicht aus. Besonders eindrücklich ein Bild zweier Männer: Der Weiße vor der schicken Auslage eines Modegeschäfts, der Schwarze vor der Wand. Beide nur Zentimeter voneinander getrennt und doch liegen Welten zwischen ihnen. Aber das Bild ist wesentlich vieldeutiger, als diese kurze Beschreibung es jetzt erscheinen lässt.
Von Thomas Hoepker erstellte Inkjetprints
Unter den Farbaufnahmen befinden sich Fotografien, welche die New Yorker Ereignisse vom 11. September 2001 zeigen. Auch das später so umstrittene Bild Hoepkers, auf dem einige Menschen scheinbar ungerührt in der Sonne sitzen, während im Hintergrund Rauchschwaden über die Skyline ziehen, ist hier zu sehen,. Wer sich für die Diskussionen um dieses Bild interessiert, wird auf den Seiten von Slate fündig, wo auch Thomas Hoepker Stellung nimmt.
Die Bilder für die Ausstellung wurden im Übrigen von Thomas Hoepker selbst als Inkjet Prints hergestellt. Sie sind je nach Größe in unterschiedlicher Auflage verfügbar und können, wie auch andere Bilder aus seinen Büchern, über die Galerie oder direkt beim Fotografen bestellt werden. Leider konnte Thomas Hoepker zur Ausstellungseröffnung nicht kommen. Aber am 24. April, kurz vor Ende der Ausstellung, wird es die Möglichkeit geben, ihn in Fellbach im Gespräch mit Thomas Reche zu erleben. Wer einen Besuch der Ausstellung plant, sollte sich also vielleicht genau diesen Termin vormerken.
Ausstellungseröffnung
Christa Linsenmaier-Wolf vom Kulturamt Fellbach begrüßte die zur Ausstellungseröffnung gekommenen Gäste und wies darauf hin, dass es sich nicht um die erste Zusammenarbeit mit dem Verleger Thomas Reche handelt. In seiner Rede zur Ausstellungseröffnung sprach der Verleger, der bereits zwei Bücher mit Thomas Hoepker zusammen erarbeitete, dann ausführlich über den Fotografen und einige der in der Ausstellung gezeigten Bilder, die im Veranstaltungsraum im Rathaus von Fellbach per Beamer projiziert wurden. Auch ein paar private Anekdoten streute Reche in seinen Vortrag ein, der bei aller Faktenfülle, sehr lebendig daherkam. So berichtete er zum Beispiel von einem Besuch bei Thomas Hoepker in New York, der ihm deutlich machte, mit welcher Unbefangenheit der Fotograf Personen gegenübertritt, die er fotografiert. Fragen um Erlaubnis vermeidet er, da ansonsten die Unmittelbarkeit der Situation bereits zerstört wird und nur noch "inszenierte" Bilder entstehen.
Passende Bücher
Zur Ausstellung in Fellbach ist kein Katalog erschienen, aber es gibt Bücher, welche das dort gezeigte Themenspektrum sehr schön abdecken und in der Galerie erhältlich sind. Das bei Peperoni Books erschienene „Heartland“ berichtet von der Reise Winters und Hoepkers und ist mit einem schönen Essay (in englischer und deutscher Sprache) von Hans-Michael Koetzle versehen. Darüberhinaus zeigt das Buch auch einige kleinformatige Originallayouts der Kristall-Hefte, in welchen die Reportage erstmals erschien.
Cover des Buches von Peperoni Books |
Der bei teNeues erschienene Band „New York“ enthält auch einige der neuen Arbeiten Hoepkers, so zum Beispiel Bilder zu den Auswirkungen des Hurrikan Sandys aus dem Jahr 2012. Besonders hingewiesen sei aber auf den Band „Hinterland“, der im Verlag Thomas Reche erschienen ist. Auch hier finden sich Fotografien aus der Reportage Hoepkers für die Zeitschrift Kristall. Verbunden sind diese mit Gedichten von Charles Simic. Ein Besuch auf der Website des Verlags lohnt sich, dort sind noch einige andere Bücher zu finden, die das mögliche Zusammenspiel von Literatur und Fotografie ausloten.
Kurzer Hinweis zur Schreibweise des Namens von Thomas Hoepker: Für diesen Blogbeitrag habe ich durchgängig die amerikanisierte Fassung verwendet. Für den Artikel über "yatun papa" hingegen die ursprüngliche, also Thomas Höpker.
© New York von Thomas Hoepker, erschienen bei teNeues, € 35, www.teneues.com |