schneeball

Autor(en): 
Dörte Eißfeldt : "Schneeball"

In Zeiten von Photoshop & Co ist es vielleicht gut, sich zwischendurch daran zu erinnern, dass auch in der guten alten Dunkelkammer eine Menge Variablen bis zum endgültigen Print ganz individuell gesteuert werden können. Dörte Eißfeldts Werkgruppe „Schneeball“ ist ein Beispiel dafür, was aus einem einzigen Negativ an unterschiedlichen Bildfindungen entstehen kann.

Ausgangspunkt ist dabei die Fotografie eines auf einer Handfläche liegenden Schneeballs. Für das gleichnamige Buch ist die Auswahl von 29 Bildern (inkl. des auf das Cover aufgeklebten Exemplars) sehr schön in Form eines Leporellos zwischen die beiden recht massiven Kartonteile des Covers eingeklebt. Das Ganze befindet sich in einem dicken und stabilen Schuber, der nicht nur gut aussieht, sondern dem Buch auch den nötigen Schutz verleiht. Angesichts des auf dem Cover aufgeklebten Originalprints ist das durchaus nützlich.

 

 

Buch als Objekt

Wer die Originalarbeiten Eißfeldts kennt, wird vielleicht bei den gedruckten Fotografien ein bisschen die haptische Qualität des Barytpapiers vermissen. Da kann die gewählte Duotone-Technik  nicht wirklich mithalten. Und auch die Größe der Originalarbeiten von 61 cm x 51 cm spricht natürlich dagegen, das Betrachten der reproduzierten Fotografien im Buch dem Betrachten der originalen Prints an einer Wand gleichzustellen. Aber das Buch hat in der hier gewählten Form seinen ganz eigenen Reiz. Es ist heutzutage oft vom Buch als Objekt die Rede. Hier wird sehr schön deutlich, was das bedeuten kann. Die Sequenzierung der Serie lässt sich aufgrund des Zieharmonika-Prinzips des Leporellos nicht nur gut überschauen, sondern auch selber spielerisch abwandeln. Der Titel des Buchs ist nicht auf den Karton des Covers aufgedruckt, sondern eingeprägt. Schon alleine das Herausziehen des Buchs aus dem Schuber macht Spass und ist aufgrund der abgeschnittenen Ecke leicht zu bewerkstelligen, da sich das Buch auf diese Weise gut fassen lässt.

 

 

Die Rückseite des Leporellos bietet Platz für zwei jeweils dreisprachig abgedruckte Texte von Monique David-Menard (Deutsch, Französisch und Englisch) und Johan van der Keuken (Deutsch, Niederländisch und Englisch). Monique David-Menard beschreibt in ihrem Beitrag sehr schön die Varianten der unterschiedlichen Interprationen des Negativs, um zugleich dem Ganzen in der Abfolge der Bilder eine Entwicklungslogik zu verleihen. Ob man die als Betrachter genauso sieht, sei dahingestellt. Vielleicht ist diese Werkgruppe Eißfeldts, vor allem in der Form dieses Buchs, ja wirklich am ehesten mit einem Gedicht zu vergleichen, das viel Freiraum zur Interpretation bietet.

Der Text von Johan van der Keuken mit dem Titel "Für Dörte Eißfeldt, Fotograf" wäre dann vielleicht so etwas, wie der Versuch einer textlichen Erwiderung, eben in Form eines Gedichts. So variiert er gewissermassen in seinen Zeilen mit in Wörtern gefassten Bildern all die Abstufungen zwischen Schwarz und Weiß, Körperlichkeit und Fläche, Wärme und Kälte, Sichtbarkeit und Verschwinden im Dunkeln. Aber das muss man schon selber lesen. Natürlich ist auch van der Keukens Sicht nur eine Möglichkeit der Betrachtung, aber eine wunderschöne.

 

 


 

 

Fakten :

 

Dörte Eißfeldt : "schneeball", Göttingen, 1990

European Photography

ISBN : 3-923283-20-2

27 Text- und 29 Bildseiten, 29 S/W Abbildungen (davon 1 Originalprint auf dem Cover), 15,5 cm x 12,5 cm

Auflage von 1000 Exemplaren

 


 

 

Dörte Eißfeldt
Dörte Eißfeldt: "schneeball", Göttingen 1990, European Photography