Leben in Israel
Henry Maitek (1922 - 2007) ist ein trotz der Veröffentlichung zahlreicher Bücher eher unbekannter Fotograf. Vielleicht ist er am ehesten noch in Köln eine „Größe“, aufgrund der vielen Publikationen, die sich mit verschiedenen Facetten des dortigen Lebens befassen. In Köln lebte und arbeitete Maitek auch über lange Jahre.
Thomas Wiegand hat in seinem Band „Deutschland im Fotobuch“ Maiteks Buch „Deutschland ins Gesicht geschaut“ kurz und prägnant dargestellt. Eigentlich handelt es sich bei „Leben in Israel“ um eine ganz ähnlich aufgebaute Arbeit. Die Parallelen zwischen den beiden Büchern sind unübersehbar.
Beide Bücher sind vor allem der Darstellung von Menschen gewidmet. In beiden Büchern werden die Bildteile begleitet von einem durchlaufenden Text, der in kurzen Worten die Fotografien kommentiert. Die Bildtexte und die Gestaltung stammen übrigens von Jürgen Brandes. Für das Deutschlandbuch in Zusammenarbeit mit Albert Niekamp, für das Israelbuch zusammen mit Kurt Jahre. Auch darauf lassen sich bestimmt manche Ähnlichkeiten zwischen den beiden Büchern zurückführen. Beim Israelbuch wirkt der durchlaufende Text zu den Bildern etwas nüchterner, seltener auf Pointen abzielend. Zusätzliche Einleitungstexte wurden dort von Kurt Hackenberg, Alfons Spielhoff und Erik Emig beigesteuert.
Die Bilder aus Israel sind nicht alle typische Porträtaufnahmen, aber Fotografien ohne die Abbildung von Personen, wie die hartnäckig aus trocken-rissigem Boden wachsende Pflanze am Beginn des Israelbuchs, sind die absolute Ausnahme. Maitek spannt mit seinen Bildern einen weiten Bogen: Menschen bei der Arbeit, Kinder beim Spielen, Frauen im Militär- und Polizeidienst, Angehörige verschiedener Religionen, Zuwanderer aus Afrika und Charlottenburg. Er zeigt die Bemühungen zur Industrialisierung des Landes, aber auch das Leben im Kibbuz. Der Respekt vor den Einwanderern wird deutlich, genauso wie die Hoffnung auf eine glückliche Zukunft für die dort Geborenen.
Entstanden sind diese Bilder1960 auf einer fünfwöchigen Reise durch das Land. Zur Gründung einer Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Köln hatte der dortige Kulturdezernent eine begleitende Fotoausstellung vorgeschlagen, für die Henry Maitek schließlich die Bilder lieferte.
"Was ich mit diesen Bildern will?"
Schon in seinem ganz kurzen Text zur Einleitung des Bildteils lässt Maitek wissen: „Was ich mit diesen Bildern will? Ein altes, ein falsches Bild entzerren. Nichts weiter.“ Dem Abbau von Vorurteilen ist auch Maiteks Deutschlandbuch gewidmet. Aber beim Jonglieren mit den Stereotypen wirkt es eindeutig spielerischer. Das Israelbuch ist dagegen näher an einer konventionellen Darstellung des Landes und seiner Bewohner.
Eine Vielzahl der für "Leben in Israel" verwendeten Fotografien taucht auch in einer Buchveröffentlichung zu einer Ausstellung im Jahr 2000 im Braunschweigischen Landesmuseum auf. Unter dem Titel "Israel 1960" sind im dortigen Bildteil, der ohne Bilderläuterungen oder -kommentare auskommt, viele Fotografien aber anders beschnitten und auch in abweichenden Formaten abgebildet. Da lassen sich einige interessante Beobachtungen machen, was die diesbezügliche Bearbeitung der Fotografien für "Leben in Israel" angeht.
Sowohl von der Qualität der einzelnen Fotografien, als auch von der Gestaltung der Bildabfolge und dem Wechselspiel zwischen Bild und Text kommt dieses Buch nicht an "Deutschland ins Gesicht geschaut" heran. Auch die Druckqualität kann leider nicht ganz mithalten. Trotzdem lohnt sich ein Blick auf diese ebenfalls sehr persönliche Arbeit Maiteks. Vielleicht liegt es ja in der Biografie Maiteks begründet, der als Jude den Holocaust in mehreren Konzentrationslagern überlebte, dass seine beiden ersten und wohl auch wichtigsten Bücher Israel und Deutschland gewidmet sind. Genauer gesagt, den dort lebenden Menschen.
Fakten:
Henry Maitek: „Leben in Israel“, Dortmund, o.J. (1963)
Gemeinschaftsverlag Ardey – Crüwell
96 Seiten, 80 Abbildungen in S/W, 29,5 cm x 23,5 cm