Deutschland im Fotobuch
Bücher über Fotobücher gibt es inzwischen eine ganze Menge. Manche davon sind opulent bebildert, wie auch im hier vorliegenden Fall. Oft macht das Appetit auf mehr, Lust darauf, die abgebildeten und beschriebenen Bücher mal selber in Händen zu halten, vielleicht auch für die eigene Sammlung zu erwerben. Insofern wäre in Hinblick auf anfallende Folgekosten sogar vor diesem Buch zu warnen. Aber welcher wirkliche Sammler ließe sich davon schon abhalten.
Sammeln von Büchern
„Deutschland im Fotobuch“ ist wahrscheinlich näher am realen Sammeln von Büchern als viele der „Best of“ Zusammenstellungen, die so etwas wie einen Kanon zu einem Thema oder gar zur Geschichte des Fotobuchs zu erstellen versuchen. Vielleicht macht mir das Buch deshalb auch besonders viel Spass. Es bleibt nicht dabei, dass die ausgewählten Bände immer kenntnisreich beschrieben werden, was sich im übrigen sowohl auf die Texte, als auch die Auswahl der abgebildeten Originalseiten aus den Büchern bezieht. Prägnanter hätten sich die Bücher auf dem zur Verfügung stehenden Platz wohl kaum darstellen lassen. Das gelungene Design und Layout des Herausgebers Manfred Heiting trägt dazu entscheidend bei. Darüberhinaus bietet Thomas Wiegand in seinen Kapiteleinleitungen und vor allem den Anmerkungen eine Vielzahl von weiterführenden Hinweisen. „Deutschland im Fotobuch“ ist nicht nur ein Buch über die beschriebenen 273 Werke. Es enthält eine erstaunliche Menge von Zusatzinformationen. Da wird der Hinweis auf einen Designer, die Erwähnung einer ähnlich gemachten Buchreihe oder eines zeitgleich erschienenen Werks eines anderen Fotografen zum möglichen Ausgangspunkt für weitere Erkundungen. Wie beim Sammeln jedes gefundene Buch zum Anlass für neue Entdeckungen werden kann. Der Band von Thomas Wiegand und Manfred Heiting lässt sich auf dieses manchmal geradezu mäandernde Spiel mit immer neuen Verzweigungen ein, ohne sich mit Gewalt an rote Fäden oder Entwicklungen zu klammern. Trotzdem werden diese vielleicht deutlicher, als in Fällen, in denen ein konzeptuelles Raster von Anfang an zum Verlust an wirklicher Entdeckerfreude führt. Schöner als mit diesem Band, lässt sich die Lust am Sammeln von Fotobüchern eigentlich kaum beschreiben.
Deutscher Fotobuchpreis in Gold
Die getroffene Auswahl der vorgestellten Bände ist ziemlich perfekt. Fast alle „fehlenden“ Bücher, die mir bei einer ersten Durchsicht in den Kopf kamen, sind aufgrund eines prägnanteren und oft auch originelleren Bandes, der vertreten ist, entbehrlich. Viele sind im Text und den Anmerkungen erwähnt. Im Einzelfall lässt sich über eine Auswahl immer streiten. „Deutschland im Fotobuch“ hilft durch seine zahlreichen Anmerkungen dabei, den Prozess der Auswahl nachvollziehbar zu machen, gibt immer wieder selbst Anregungen zu dieser Diskussion.
Was im Gegensatz zu vielen anderen Büchern über Fotobücher ebenfalls Lob verdient, ist die Qualität der bibliographischen Anmerkungen. Während in manchen Werken dieser Art, die Angaben zu den beschriebenen Bänden oft eher zufällig zusammengeschrieben zu sein scheinen, gibt es hier ein Format, das für alle Bände eingehalten wird. Natürlich wäre es erfreulich, wenn zum Beispiel die Auflagenhöhe wirklich für alle Bücher genannt werden könnte. Aber da bleibt halt auch eine detaillierte Recherche oft genug erfolglos. Die ausführlichen Angaben zu den Autoren (Bild und Text), der Bebilderung der Bände, den verwendeten Formaten, Einbänden und der Ausstattung führt zu einer sauberen bibliographischen Dokumentation, die man andernorts leider oft vermisst.
„Deutschland im Fotobuch“ hat sehr zu Recht einen Deutschen Fotobuchpreis in Gold bekommen.
Der von Manfred Heiting und Thomas Wiegand im Vorwort geäußerte Wunsch ist in meinem Fall voll in Erfüllung gegangen. Ich hatte und habe an ihrem Buch sogar verdammt viel Freude!
Fakten :
Thomas Wiegand, Manfred Heiting : "Deutschland im Fotobuch", Göttingen, 2011
Steidl Verlag
ISBN : 978-3-86930-249-2
492 Seiten, 28,5 cm x 32,5 cm, fotoillustriertes Hardcover mit Lesebändchen
Auf den immer wieder interessanten Seiten von www.fotokritik.de finden sie unter dem folgenden Link ein aufschlussreiches Gespräch zwischen Thomas Leuner und Thomas Wiegand zum Buch : http://www.fotokritik.de/artikel_124_1.html