DoubleTake
Dieses Mal handelt es sich nicht wirklich um ein Buch der Woche, das ich vorstellen möchte. Sondern um ein Magazin, das noch nicht einmal exklusiv der Fotografie gewidmet ist. Trotzdem lohnt sich ein Blick in die Seiten auch für den vor allem an Fotografie Interessierten. Einen kleinen Hinweis, was der gemeinsame Nenner der abgedruckten Texte, Fotografien und Portfolios sein könnte, bekommt man durch den Namen des ursprünglichen Herausgebers des Magazins, des „Center for Documentary Studies at Duke University“. Trotzdem dient als erster Text jeder Ausgabe von „DoubleTake“ das immer gleiche Gedicht des Nobelpreisträgers Seamus Heaney, das auch den Titel der Zeitschrift beisteuert. Allzu eng sollte man den Begriff des Dokumentarischen also vielleicht nicht sehen. Immerhin heisst es im ersten Editorial bereits „ ... devoted to the written word and to the visual image, to renderings of the world as it is and as it might be.“
Gelungene Zusammenstellung von Texten und Fotografien
Im ersten Heft finden sich neben den zahlreichen Texten (u.a. von John Berger und Nadine Gordimer) Fotografien von Kindern zu ihren Träumen (ein Projekt von Wendy Ewald); „Barrio“, ein fotografischer Essay von Paul d'Amato zu mexikanischen Vierteln in Chicago; „The Dreyfus Fund Portraits“ von Menschen bei der Arbeit, beobachtet von Lee Friedlander; Fotografien von Raghubir Singh zu einem Artikel von Bill McKibben über „Kerala, India“; oder auch ein Artikel von Michael Lesy zu Fotografien der „Detroit Publishing Company“ aus der Sammlung der Library of Congress. Das oben abgebildete Cover mit der Hand stammt von Jerry Berndt. Und das ist längst nicht alles, auch Danny Lyon (eine Doppelseite zusammen mit einem Gedicht von Edward Hirsch), Fazal Sheikh oder Larry Towell sind mit Beiträgen vertreten.
DoubleTake # 2 (Cover : Paul d'Amato) | DoubleTake # 26 (Cover : Paul Fusco) |
So wie in diesem ersten Heft lassen sich auch in den weiteren Ausgaben zahlreiche Entdeckungen machen. Vieles davon ist nicht exklusiv in „Doubletake“ veröffentlicht worden, aber durch die gelungene Zusammenstellung wirkt auch der Blick auf bekanntes Material oft frisch. In Heft Nummer 2 lässt sich ein Essay von Mitch Epstein zu Vietnam und Versailles finden. Oder in Heft Nummer 7 ein fotografischer Essay von Doug Dubois („Mining Avella“) neben Fotogafien Emmet Gowins: Luftaufnahmen von Kansas, die manchmal an Querschnitte von gefällten Bäumen erinnern.
National Magazine Award for General Excellence
Im Gegensatz zum oft kleinteiligen und verqueren Layout moderner Zeitschriften, in denen sich Anzeigen und redaktioneller Inhalt oft kaum noch unterscheiden lassen (was selbstverständlich auch durchaus interessant sein kann), gibt es hier oft relativ großzügige Bildstrecken. Aber auch interessante Text- und Bildkombinationen. Die Zeitschrift gewann 1998 den „National Magazine Award for General Excellence“. Aber auch solche Auszeichnungen konnten ihr letztlich nicht das langfristige Überleben sichern. Schade!
Weitere Informationen:
Wer sich ein bisschen für die Geschichte des Magazins und auch die finanziellen Rahmenbedingungen einer solchen Publikation interessiert, wird in diesem Artikel von Camille Dodero fündig : www.bostonphoenix.com/boston/news_features/other_stories/multipage/documents/02877246.htm
Auf der Website der Zeitschrift finden sich nur noch ein Nachruf auf das Magazin und Links zu wenigen Beiträgen : www.doubletakemagazine.org/
Aufmerksam geworden bin ich auf die Hefte durch Eileen Schmidt, welche inzwischen Exemplare (praktisch neuwertig) in ihrem Amazon-Shop für einen guten Zweck verkauft. Falls Sie interessiert sind, finden Sie hier einzelne Exemplare oder auch ein fast komplettes Set (einfach in der Suchfunktion des Shops den Titel "Doubletake" eingeben) :
Fakten :
DoubleTake Ausgaben 1 (Summer 1995) - 30 (Spring 2003)
ausserdem : Special Edition 2001 zu 09/11
Editor: Robert Coles
erschienen zunächst beim Center for Documentary Studies at Duke University,
später bei DoubleTake Community Service Corporation