Plan
Bilder zum Holocaust?
Die Frage, ob man nach Auschwitz und dem Holocaust noch Gedichte schreiben könne, hat im Laufe der Jahre für einigen Diskussionsstoff gesorgt. Ob man Fotografien zu Auschwitz und dem Holocaust machen kann, beantwortet sich angesichts der zahlreichen Bildbände mit den Wachtürmen oder im Nebel endenden Gleisen eigentlich von alleine. Man kann. Ob diese Bücher immer sehr gelungen sind, ist eine andere Frage. Manches davon erzeugt vielleicht auch nur einen etwas gruseligen Schauer, der angesichts der Tatsachen des Holocausts zu banal erscheint.
Blättern ohne Vorwissen
Auch Lockemann und Neudörfl bewegen sich für ihr Buch „Plan“ gewissermaßen auf den Spuren dieser vielleicht im wahrsten Sinne des Wortes „unbeschreiblichen“ Ereignisse, dem Plan zur Vernichtung aller Juden. Aber das wird man beim ersten Blättern ohne Vorwissen schwerlich bemerken. Das sieht schon eher nach einem weiteren Band über verwahrloste Innenstadtgrundstücke, weite Asphaltflächen und Industriebrachen aus. Alles in einem relativ stumpfen Grau. Aber vielleicht machen einen da die eingestreuten klassizistischen Bauten und die Fensterfronten stutzig, die nicht so ganz zu dieser Interpretation passen mögen. (Oder geht es da halt um etwas vernachlässigte Gebäude?)
Eine Textseite im Anschluss an die Fotografien gibt Aufschluss über die gezeigten Orte. Als da wären : Sammellager und Bahnhöfe für Deportationen, Polizei-, Gestapo- und SS-Dienststellen, aber auch das Haus der Wannseekonferenz. Was können Bilder da zeigen? Viele davon zeigen Äste, Sträucher und Gestrüpp oder winterlich kahle Bäume. Zu sehen sind die erwähnten Asphaltflächen und eine Menge grauer Gebäude. Menschen sind in den Bildern fast nicht zu finden, dafür einige geparkte Autos. Das sind zunächst eigentlich ganz banale Fotografien, Ausschnitte aus städtischen Landschaften. Banaler als die schwarz dräuenden Baracken in so manchem Bildband über ein KZ. Aber vielleicht machen sie mehr sichtbar, als man im ersten Moment vermuten würde. Vielleicht sprechen sie ehrlicher über die Probleme angesichts des Holocausts Bilder zu finden. Oder es handelt sich bei „Plan“ doch nur um den Beweis, dass sich manches einfach nicht darstellen lässt?
Fakten :
Elisabeth Neudörfl, Bettina Lockemann : "Plan", Leipzig, 1999
Institut für Buchkunst Leipzig an der Hochschule für Grafik und Buchkunst
ISBN 3-932865-15-4
180 Seiten, 86 s/w Abbildungen, 17,5 cm x 27,5 cm
Auflage 500 Exemplare