Twen Ausgabe Oktober 1963

twen Ausgabe Oktober 1963, Titelfoto: Hamilton Millard

Wenn es um die Präsentation von Fotografien in gedruckter Form geht, gibt es neben Büchern eine Vielzahl von Zeitschriften, die Beachtung verdienen. Deshalb soll hier mal wieder ein Beispiel aus diesem Bereich vorgestellt werden. Zur Zeitschrift „Twen“, die für die gesamten 1960er Jahre verglichen mit „Stern“ oder „Quick“ zwar keine riesigen Auflagen (knapp über 100.000 Exemplare) erreichte, aber trotzdem Bedeutsamkeit für sich reklamieren kann, erschien 1995 zu einer Ausstellung im Münchner Stadtmuseum ein ziemlich umfassendes Buch, herausgegeben von Michael Koetzle.

Willy Fleckhaus

Zusammen mit den weiteren Autoren (Angelika Beckmann, Anke Ehlers, Bernhard Greger, Gunther Joppig, Thilo Koenig, Andreas Krase, Andreas Ley, Ulrich Pohlmann, Herbert Rosendorfer, Klaus Jürgen Sembach, Wolfram Siebeck und Carsten M. Wolff) entwirft Koetzle ein vielfältiges Bild der Zeitschrift. Gezeigt werden nicht nur die gesamten Cover der von April 1959 bis Mai 1971 erschienenen Ausgaben. Es werden auch einige der Original-Layouts abgebildet oder Artikel nachgedruckt. Sehr nützlich ist der Anhang mit den recht ausführlichen biografischen und bibliografischen Angaben zu Fotografen, Redakteuren und Autoren der Zeitschrift. Ein Schwerpunkt der Publikation liegt auf der Beschreibung der wohl kaum zu überschätzenden Bedeutung von Willy Fleckhaus für „Twen“. So widmet sich Carsten M. Wolff in seinem Aufsatz „Das Schöne mit den einfachsten Mitteln. Willy Fleckhaus als Gestalter“ auf 15 Seiten nicht nur dessen Arbeit für Twen sondern auch der Umschlaggestaltung von Büchern u.a. für den Suhrkamp Verlag. Auch ein Text von Willy Fleckhaus zu seiner Arbeit ist abgedruckt.

Trotzdem ersetzt dieses Standardwerk natürlich nicht die Betrachtung der originalen Hefte. Und deshalb soll im Folgenden ein kurzer Blick auf eine Ausgabe der Zeitschrift geworfen werden. Vielleicht ist die von mir gewählte Ausgabe vom Oktober 1963 nicht wirklich repräsentativ. So ist zum Beispiel einer der wichtigsten Fotografen der Zeitschrift, Will McBride, nicht mit Bildern vertreten. Sie finden aber zwei seiner Coverfotos bei den unten angefügten Bilddateien, die einen kleinen Überblick über ausgewählte Ausgaben der Zeitschrift geben. Wer sich nicht nur für Will McBride sondern auch für sein persönliches Umfeld interessiert, wird in zahlreichen Twen-Heften fündig. Nicht ganz so bekannt wie die Bilder seiner schwangeren Frau Barbara, eines davon wurde auch für den Umschlag von Koetzles Buch verwendet, ist der neunseitige Bildbericht Elisabeth Niggemeyers über das Paar in der Ausgabe vom Juni 1960.

Irving Penn und Gordon Parks

Jetzt aber zum Heft vom Oktober 1963: Nicht untypisch finden sich hier auch Bildstrecken berühmter amerikanischer Fotografen. So sind Irving Penns Marokko-Bilder (entstanden 1952 im Auftrag der Zeitschrift Vogue) zusammen mit einem Bericht von Rosemary Blackmon über den Fotografen abgedruckt. Und fast schon psychedelische Bilder von Gordon Parks sind kombiniert mit Texten deutscher Lyriker mehrer Jahrhunderte, von Else Lasker Schüler bis Georg Heym. Lawrence Schiller liefert Bilder zu einem Artikel über Elke Sommer. Die in vielen Heften bedeutsame Modefotografie ist in diesem Fall vertreten durch Charlotte March. Guido Mangold fotografiert Will Tremper. Letzterer war in vielen Twen-Heften ein wichtiger Autor, ist hier aber selber Thema eines Artikels von Rolf Palm.

Joachim Ernst Behrendt und Peter Rühmkorf

Aber es sollte nicht der falsche Eindruck entstehen, bei „Twen“ habe es sich um eine Fotozeitschrift gehandelt. Schon auf dem Titel des Hefts wird stolz verkündet, dass Simone de Beauvoir "für uns" schreibt. Ausser einem großformatig abgedruckten Bild, fotografiert von Chadwick Hall, dem Ehemann von Christa Peters, die als Redakteurin firmiert, ist dieser allerdings auch nicht allzu lange Artikel nicht weiter mit Grafiken oder Bildern versehen. Joachim Ernst Behrendt, ebenfalls im Impressum als Redakteur genannt, schreibt einen mehrseitigen Artikel zum Tod von Oscar Pettiford. Und des weiteren sind auch Gerhard Zwerenz und Peter Rühmkorf mit Texten vertreten.

Fotografen und Grafiker

Und neben den Fotografen spielen auch Grafiker eine wichtige Rolle bei der Bebilderung des Hefts. Nicht nur in der hier besprochenen Ausgabe ist das insbesondere Heinz Edelmann, der manchen vielleicht durch seine Gestaltung des Beatles-Films „Yellow Submarine“ bekannt ist, den er als Art Director maßgeblich mitgestaltete.

In der kurzen Aufzählung ergibt sich ein ziemliches Sammelsurium an Themen und Koetzle trifft es mit seiner Zusammenfassung nicht schlecht: „Da standen Kitsch und Kunst, Schmus und Geschmack, Aufklärung und seichter Abklatsch, Emanzipation und sexistische Entgleisung einträglich nebeneinander. twen war und ist schwer zu fassen.“

Was bei Betrachtung des Originals zusätzlich auffällt und zum Gesamtbild beiträgt, ist natürlich die abgedruckte Werbung, welche die Hefte vollends zur Zeitreise in ein bereits ziemlich weit zurückliegendes Jahrzehnt macht. Da wird für die Illustrierte Quick genauso wie für Krawatten aus Dralon geworben. Und noch spielt die deutsche Unterhaltungselektronik als Auftraggeber für Anzeigen eine Rolle.

Gruner + Jahr

Nachzutragen bleibt, dass die Titelfotografie des besprochenen Hefts von Hamilton Millard stammt. Spätere Ausgaben von Twen zeigen sich zunehmend freizügiger, was die Abbildung nackter Tatsachen auch auf dem Cover angeht. Retten konnte das die Zeitschrift aber nicht, die über mehrere Stationen beim Verlag Gruner + Jahr gelandet war, als sie schließlich eingestellt wurde.

 


 

Fakten:

 

„Twen, Ausgabe Nr. 10 von 1963“, München, 1963

Verlag Th. Martens & Co

92 Seiten, ungezählte Abb. in Farbe und S/W,  33,5 cm x 26,5 cm

 

 

Michael Koetzle (Hrsg.): „Twen. Revision einer Legende“, München, 1995

Klinkhardt & Biermann Verlagsbuchhandlung GmbH

ISBN: 3-7814-0392-0

326 Seiten, ungezählte Abbildungen, 28 cm x 22,5 cm