"Robert Häusser - Im Auftrag..."

Robert Häusser - Im Auftrag... Fotografien aus Handwerk und Industrie", Heidelberg 2013

Nach Robert Häusser (1924-2013) ist in den Reiss-Engelhorn-Museen nicht nur ein Saal benannt. Es finden auch immer wieder Ausstellungen statt, die ihm gewidmet sind. Das Robert-Häusser-Archiv im Besitz der Museen umfasst ca 64.000 Negative und Abzüge. Aus diesem Fundus schöpft auch die derzeit im Forum Internationale Photographie laufende Ausstellung. Unter dem Titel „Robert Häusser – Im Auftrag...“ kann man dort noch bis zum Januar nächsten Jahres Auftragsarbeiten sehen, die Häusser für Handwerks- und Industriebetriebe in den 1950er bis 1970er Jahren erstellt hat. Die Ausstellung konzentriert sich dabei ganz auf schwarz-weiße Arbeiten, die Häusser selber für diese Präsentation auswählte.

Geschichte des Handwerks und der Industrie

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen, der auf 120 Seiten die ausgestellten Arbeiten zeigt. Wie in der Ausstellung sind die Bildtexte ausführlich gehalten und schildern recht umfassend, was auf den Bildern zu sehen ist. So kann sich der Interessierte fast schon einen Einblick in die Geschichte des Handwerks und der Industrie verschaffen. Archaisch muten dabei Bilder, wie das der Mitarbeiterin einer Bäckerei an, die in mühevoller Handarbeit Lebkuchenherzen mit den zuckrigen Aufschriften versieht. Auch die Puppenproduktion ist noch weitgehend durch manuelle Tätigkeiten geprägt. Insofern stellen diese Bilder aus dem Handwerk inzwischen weitgehend untergegangene Produktionsweisen dar. Für die Fotografien, welche in den Industriebetrieben wie z.B. bei BASF entstanden sind, ist dies weniger offensichtlich, auch wenn sich für den Fachmann bestimmt ebenfalls entscheidende Unterschiede zu heutigen Produktionsprozessen feststellen lassen.

Großanlage im Chemiewerk, BASF, Robert Häusser, Ludwigshafen, 1963  © Robert Häusser

Der Mensch bei der Arbeit

In der Mehrzahl der gezeigten und auch im Katalog abgebildeten Arbeiten spielen Menschen eine wichtige Rolle. Viele der Bilder sind regelrecht auf die Einbindung der Personen in den grafischen Aufbau der Aufnahmen hin inszeniert. Häusser tat sich zunächst wohl schwer Menschen zu fotografieren. "Als Häusser zunehmend seine Menschenscheu überwindet, entstehen Bildnisse, in denen sich unverkennbar seine persönliche Sichtweise ausdrückt. Besonderes Kennzeichen ist der statisch komponierte Raum in geradezu klassisch ruhiger Frontalansicht, in dem seine Personen entweder statuarisch angeordnet oder wie in Bewegung festgehalten sind." (Claude W. Sui in seinem Text "Die Magie des Alltäglichen" im Katalog).

Puppenherstellung, Robert Häusser, 1960er Jahre, © Robert Häusser

Publikationen

In drei verglasten Seitenvitrinen gibt es neben ausgestellten Archivbüchern des Fotografen mit Kontaktkopien auch Informationen zu Publikationen. Hier wird unter anderem auf die Zeitschrift „Welt am Oberrhein“  eingegangen. Und es lassen sich auch einzelne Beispielbände betrachten, aber natürlich nicht durchblättern.

Der 1970 bei Econ erschienene und in Zusammenarbeit mit der Stadt herausgegebene Bildband „Gelsenkirchen“, der leider in der Ausstellung nicht eingesehen werden kann, zeigt auf den letzten zwölf Seiten, dass Häusser sein Konzept der Fotografie von Industriebetrieben auch in Farbe erfolgreich umsetzte. Ausserdem ist dieses Buch eines der zahlreichen Beispiele dafür, dass Häusser nicht an einer strengen Trennung von angewandter, journalistischer und künstlerischer Fotografie orientiert war. "So ist zu verstehen, dass er später einige Werke, die im Rahmen eines Auftrags entstanden sind, in sein künstlerisches Œuvre aufgenommen hat.", so Alfried Wieczorek und Claude W. Sui in ihrem Vorwort zum Katalog.

Robert Häusser bei der Arbeit

Neben den großformatigen Bildern werden in der Ausstellung immer wieder auch Aufnahmen gezeigt, die Häusser bei der Arbeit zeigen. Diese kleinen, informativen „Making-of-Bilder“ sind direkt auf die Wände neben die dazugehörigen Ausstellungsprints geklebt. Besonders eindrucksvoll im Falle der Überblicksaufnahme des Rhein-Hafens Mannheim, die Häusser freistehend auf dem Ausleger eines Krans aus luftiger Höhe erstellte. Immer wieder lassen sich an den Ausstellungswänden auch Zitate (jeweils in deutscher und englischer Sprache) finden, in denen Häusser über seine Arbeit reflektiert.

Vervollständigt wird die Ausstellung durch die Möglichkeit in einem kleinen Projektionsraum den Film „Robert Häusser. Leben und Werk“ von Rudij Bergmann anzuschauen. In diesem in Zusammenarbeit mit der Curt-Engelhorn-Stiftung und mit Unterstützung des Förderkreises für die Reiss-Engelhorn-Museen entstandenen Film, der auf DVD auch im Museumsshop verfügbar ist, kann man die verschiedenen Etappen im Schaffen Häussers nachvollziehen. Die Kommentare Häussers machen den Film zu einer wirklichen Fundgrube, mit Informationen weit über die in der Ausstellung gezeigten Arbeiten hinaus.

 


 

Fakten:

 

Ausstellung „Robert Häusser - Im Auftrag...  Fotografien aus Handwerk und Industrie“ im Forum Internationale Photographie in den Reiss Engelhorn-Museen in Mannheim vom 24.03.2013 bis zum 12.01.2014

Website des Museums mit Informationen zur Ausstellung und zu Begleitveranstaltungen

 

Katalog:

Alfried Wieczorek, Claude W. Sui (Hrsg.):  „Robert Häusser - Im Auftrag... Fotografien aus Handwerk und Industrie“, Heidelberg, 2013
Kehrer Verlag
ISBN: 978-3-86828-389-1
120 Seiten, 124 Abbildungen, 25 cm x 22,5 cm
Preis in der Ausstellung: € 29,90

 

DVD:

Rudij Bergmann: „Robert Häusser – Leben und Werk“, 2010
128 Minuten Spielzeit, Bildformat 16:9
Preis im Museumsshop: € 19,90