Anders Petersen

Seitdem ich als eines meiner ersten Fotobücher die Fischer-Taschenbuchausgabe von „Café Lehmitz“, dem Buch, das Anders Petersen (geb. 1944) bekannt gemacht hat, in einer Krustelkiste gefunden habe und den Fotografen kurze Zeit später anlässlich eines Vortrags während des Fotofestivals in Herten begegnet bin, ist er einer meiner fotografischen „heroes“. 

 

In den Ausstellungsräumen der Bibliothèque National de France sind die Wände jetzt großflächig mit seinen Bildern behängt. Die für den Fotografen typischen, meist kontrastreich geprinteten Fotografien sind teilweise direkt auf der Wand befestigt. Oder sie werden durch Holzrahmen akzentuiert. In jedem Fall überzeugt mich die vielfältige Kommunikation zwischen den einzelnen Bildern, die durch die direkt aneinanderstoßende, enge Hängung in mehreren Reihen übereinander möglich wird. Wer die Website von Anders Petersen anschaut, bekommt mit dem Startbild einen kleinen Eindruck von dieser Wirkungsweise. Dort allerdings wesentlich kleinteiliger. Zwischendurch finden sich in der Ausstellung allerdings auch kleinere Formate in üblicher Reihung an den Wänden. Dieser Wechsel gibt der Ausstellung einen Rhythmus, ziemlich egal in welcher Reihenfolge man sich durch den großen Raum bewegt.

 

Anders Petersen. Café Lehmitz. 1970 © Anders Petersen. Courtesy Galerie VU’ BnF, Estampes et photographie

 

Man sieht viele gute, alte Bekannte wieder: Fotografien aus den Büchern „Café Lehmitz“, „Gröna Lund“, „Ich dich lieben, Du mich auch?“, „French Kiss“ und wie sie alle heißen. Und doch wirkt das alles sehr frisch und gegenwärtig. Hier wurde nicht nur ein „Best of“ abgearbeitet, sondern durch die Kombinationen der Hängung neue Korrespondenzen erzeugt. Gar keine schlechte Idee, diesen von einer der vorhandenen Sitzgelegenheiten aus in Ruhe nachzuspüren.

 

Kurz vor dem Ende des langgezogenen Ausstellungsraums gibt es dann noch die Möglichkeit, sich einen Film von J.H.Engström über den Fotografen anzusehen, wofür mir leider die Zeit fehlte. Aber auf alle Fälle sollte man als Ausstellungsbesucher noch hinter die letzte Wand an der Stirnseite des Raums schauen. Da verbirgt sich dann doch noch ein einzelnes Bild als Solitär, ein letzter Kontrapunkt zur Menge der Bildcluster zuvor.

 

Zur Zeit ist nicht nur in der Bibliothèque National de France eine Ausstellung von Anders Petersen zu sehen. Die Aufnahmen aus der Emilia Romagna, die ungefähr ein halbes Jahr nach dem dortigen Erdbeben von 2012 entstanden, und die den ersten Raum einer Ausstellung in den Räumen der Galerie VU einnehmen, können das Niveau vieler anderer Arbeiten von Anders Petersen in meinen Augen allerdings nicht wirklich halten. Das gilt auch für die dazugehörige Publikation von Studio Blanco, die mich nicht überzeugen kann. Zugegeben, auch darin gibt es starke Bilder, aber die Sequenz kommt trotzdem nicht an die meisten seiner anderen Veröffentlichungen heran. Kein Vergleich zum letztjährigen "City Diary" zum Beispiel. Liegt es daran, dass Petersen nur relativ kurz vor Ort verbracht hat? Eine für ihn eher ungewöhnliche Vorgehensweise. In der Projektbeschreibung wird er als "a man who has nothing to do with these places" beschrieben. Aber vielleicht täusche ich mich und Sie sehen das ganz anders. Bilden Sie sich auf den Webseiten des Projekts doch ihre eigene Meinung! Trotzdem hat sich der Besuch in den Räumen der Galerie auch für mich gelohnt. Die weiteren Ausstellungsräume bieten Blicke auf Vintageprints des Fotografen und weitere Abzüge aus ganz unterschiedlichen Zeiten. Und ausserdem wird auch bei VU ein Film gezeigt, die Aufzeichnung eines Gesprächs, in dem Anders Petersen über seine Fotografien und das untrennbar damit verbundene Leben spricht.

 

Es gibt zur Zeit in Paris also viel von Anders Petersen zu sehen. Aber er hat diese Aufmerksamkeit und Präsenz verdient. Ich freue mich schon auf weitere Bilder, Bücher und Ausstellungen von ihm.

 

 

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