„Barbara Klemm. Fotografien 1968-2013“

 „Barbara Klemm. Fotografien 1968-2013“, Katalog zur Ausstellung
In Zeiten all der raffinierten und manchmal vielleicht auch etwas zu überwältigenden Ausstellungsinstallationen, ist es gar nicht schlecht, mal wieder auf weiße Wände mit langen Reihen an gerahmten Bildern zu treffen. Die Konzentration auf einzelne Bilder ist also angesagt. Wobei die Hängung in der ausgesuchten Abfolge von Fotografien durchaus Verbindungen zwischen den Bildern schafft. Nicht nur weil thematische Gruppen zusammengefasst wurden, sondern weil dabei ganz offensichtlich auch die grafische Komposition der einzelnen Bilder berücksichtigt wurde. Ungefähr 320 Fotografien von Barbara Klemm (geb. 1939) versammelt die große Retrospektive, die jetzt im Martin-Gropius-Bau in Berlin zu sehen ist. Etwas Zeit sollte man also schon mitbringen, wenn man sich auf all die Bilder einlassen will.

Fotografische Abzüge und Zeitungsseiten

Neben den fotografischen Abzügen gibt es in zwei der Ausstellungsräume auch lange Reihen mit Originalzeitungsseiten. Barbara Klemm arbeitete von 1959 bis 2004 für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), eine Pressepublikation, die Fotografien zunächst nur sparsam einsetzte. Vielleicht gerade deswegen wurden die oft sehr einprägsamen Fotografien Barbara Klemms zu einem dauerhaft wichtigen und prägenden Bestandteil der Zeitung.
 
 
Alfred Hitchcock, Frankfurt am Main, 1972
© Barbara Klemm
 
Dass Barbara Klemm für die FAZ vor allem über die Tagesaktualität hinaus tätig war, wird durch die Ausstellung sehr schön deutlich. Was nicht heißt, dass sie neben der Arbeit fürs Feuilleton der Zeitung nicht auch an vielen bedeutenden Ereignissen als Augenzeugin teilgenommen hätte. Aber es finden sich unter den Bildern auch viele Porträts von Künstlern oder Straßenszenen aus der ganzen Welt, abseits von großer Politik und Katastrophenberichterstattung. Auffällig ist, wie häufig Barbara Klemm grafisch zwingende Kompositionen in ihren Fotografien aufs Papier bannt. Natürlich lassen sich unter den vielen Bildern in der Ausstellung auch Werke finden, die eher wegen des oder der Abgebildeten oder des dargestellten Ereignisses ausgewählt wurden. Aber die Qualität der Bilder ist auch in einem formalen Sinn durchgängig sehr hoch. Das Betrachten macht daher einfach Spass und ist durchaus ein sinnliches Vergnügen. Und nebenbei lässt man als Betrachter gesellschaftliche Ereignisse und Entwicklungen der letzten 45 Jahre Revue passieren. Hans-Michael Koetzle fasst das für seinen Beitrag im Katalog folgendermaßen zusammen: „Man kann das Kunst nennen oder nicht, wichtig bleibt die formal-ästhetische Qualität gepaart mit einem dokumentarischen bzw. aufklärerischen Anliegen.“
 
Leonid Breschnew, Willy Brandt, Bonn, 1973
© Barbara Klemm

Genuß mit kleiner Einschränkung

Deshalb ist es vielleicht umso störender, dass es einen Umstand gibt, der bei der lustvollen Betrachtung dieser schwarz-weißen Welten stört. Zumindest ging es mir so, dass ich mit der Qualität des reflexmindernden Glases, das für große Teile der Ausstellung ausgesucht wurde, nicht wirklich glücklich war. Gerade bei Betrachtung aus der Nähe, eine angesichts der nicht übergroßen Formate der ausgestellten Prints naheliegende Herangehensweise, hat mich der Bildeindruck ziemlich enttäuscht. Es mag gute Gründe geben, in einer solchen Ausstellung nicht auf glaslose Rahmen zu setzen, obwohl der Eindruck eines guten Barytpapiers mit satten Schwärzen dann kaum zu toppen ist (Dieter Kirchner bitte weghören!). Im Falle dieser Ausstellung führt die Präsentation hinter dem gewählten Glas aber definitiv zu einer Einschränkung des Bildgenusses. „Unvergessen ist die Kupfertiefdruckbeilage der Frankfurter Allgemeine Zeitung „Bilder und Zeiten“, deren Berichte sie mit ihren Schwarz-Weiß-Fotografien vertiefte und erweiterte - manche sagten, dieser Druck sei das Original.“, so der Einführungstext zur Ausstellung. Vielleicht hat man ja deshalb nicht den ganz großen Wert auf die optimale Präsentation der Fotografien gelegt.
 
Wer nach all den Bildern noch nicht genug hat, oder wer sich einfach mal zwischendurch hinsetzen will, der kann zwei Filme über die Fotografin anschauen, die zu festen Zeiten in einem der Räume projiziert werden. 

Bilder im Kopf

Wer sich ein bisschen näher mit Barbara Klemm und ihren Bildern befassen will, kann sich natürlich den Katalog kaufen, der als Übersicht über ihr Werk durchaus empfohlen werden kann. Aber wer eine Methode nicht scheut, bei der man alle Bilder selber im Kopf entstehen lassen muss, der findet auf den Seiten des Rundfunksenders SWR2 unter der Podcast-Rubrik „Zeitgenossen“ ein Gespräch zwischen Barbara Klemm und Jürgen Hoeren. Viel Spass beim Zuhören.  
 
 
 

 

 
Fakten:
 
Retrospektive „Barbara Klemm. Fotografien 1968-2013“ im Martin-Gropius-Bau in Berlin vom 16.11.2013 bis zum 09.03.2014
 
Informationen zur Ausstellung auf der Website der Berliner Festspiele, dort findet sich auch eine Pressemappe mit dem schönen, mehrseitigen Text von Hans-Michael Koetzle unter dem Titel „Schwarzweiß ist Farbe genug. Zum fotografischen Werk von Barbara Klemm“, der aus dem Katalog stammt.
 
 
Katalog:
 
„Barbara Klemm. Fotografien 1968-2013“, Berlin 2013
Nimbus
ISBN: 978-3-907142-93-6
Buchhandelsausgabe für 48,-- Euro (Leinen mit SU)
Museumsausgabe für 29,-- Euro (Broschur)
 
Beim Verlag ist auch eine Vorzugsausgabe (100 Exemplare) mit einem
handschriftlich betitelten und signierten Originalabzug 24 x 30 cm in
einer Bildmappe und einer bibliophil gebundenen, nummerierten und
signierten Variante des Buches erhältlich;­ das Ganze in einem Schuber und zu Euro
280.00
 
Verlagsinfo zum Buch auf den Seiten von Nimbus. Kunst und Bücher AG