Gute Aussichten - Junge deutsche Fotografie 2012/2013
Inzwischen geht der Wettbewerb „Gute Aussichten“ ins zehnte Jahr seines Bestehens und zum vierten Mal macht die Ausstellung in der Stuttgarter VHS-Photogalerie Station. Noch bis Mitte Mai sind die sieben ausgewählten Abschlußarbeiten ausschnittweise dort zu sehen.
Zur Eröffnung am 20.März waren alle ausgezeichneten FotografInnen anwesend. In ihrem Einführungsvortrag stellte Josefine Raab, eine der Gründerinnen des Wettbewerbs, die Arbeiten relativ ausführlich vor und vermittelte ein paar Hintergründe zu den jeweiligen Entstehungsprozessen.
Josefine Raab |
Die Bandbreite der gezeigten Arbeiten ist beachtlich. Und auch wenn nicht alle Werkgruppen sich perfekt in den Räumlichkeiten der VHS-Photogalerie auf den Gängen im Bau am Rotebühlplatz ausstellen lassen, ist die abwechslungsreiche Mischung gut gelungen. Die reicht von den kleinformatigen, dankenswerterweise in glaslosen Rahmen präsentierten Prints Henning Bodes, die eine Kombination von sorgfältigen Porträts und spontan scheinender Street-Photography aus dem Mississippidelta zeigen, bis zu den Werken Nicolai Rapps mit mehr als einem Meter Kantenlänge, die unter dem Titel „Dead White Men's Clothes“ Ballen von ausrangierter Kleidung zeigen, die einer neuen Bestimmung zugeführt werden. Fabian Rook fügt der aktuell weit verbreiteten Nutzung von Google Street View für fotografische Projekte ein weiteres, durchaus interessantes Kapitel hinzu. Und Jakob Weber konfrontiert Nachrichtenbilder von Katastrophen mit seiner alltäglichen Umgebung und thematisiert damit die erstaunliche Gleichzeitigkeit von alltäglicher Banalität und Tod.
Nicht so sehr gerecht wird die Präsentation in den Stuttgarter Räumlichkeiten der Arbeit Susann Dietrichs, welche, ohne die Möglichkeit zur Inansichtnahme der dazugehörigen Objekte, nur wenig der sicherlich vorhandenen Poesie von „Das Singen der Perlmutt-Zirpe“ deutlich machen kann. Immerhin setzt das Auftauchen einzelner Bilder der Serie zwischen den Arbeiten der anderen Preisträger gewisse Akzente.
Bücher in der Ausstellung
Zu sehen sind in Stuttgart auch zwei Bücher, die neben den an der Wand gezeigten Prints ausdrücklich Bestandteil der jeweiligen Abschlußarbeit sind. Svetlana Mychkine mischt in ihrem Buch „Zuckerblau“ Porträtaufnahmen von Kindern aus Waisenhäusern in Rußland mit Details aus Räumen in diesen Heimen. Große dunkle, aber trotzdem intensiv farbige Flächen, und akzentuierte Lichter zeichnen ihre Bilder aus, genauso wie die Balance zwischen Inszenierung und Natürlichkeit in den Porträts der Kinder. Das Durchblättern des Buches lohnt sich, auch wenn die Thematik von Kinderheimen in ehemaligen Ostblockstaaten nicht gerade neu sein mag. Aber man merkt den Bildern Mychkines an, dass sie nicht im Schnelldurchgang auf einer kurzen Führung durch die jeweiligen Häuser entstanden sind. Wer mag, kann sich auf den Seiten von Spiegel online einige der Bilder anschauen, die von einem Gespräch mit der Fotografin ergänzt werden: http://www.spiegel.de/schulspiegel/ausland/gute-aussichten-svetlana-mychkine-fotografiert-russische-waisenhaeuser-a-888419.html
Ausstellungsbesucher vor Arbeiten von Svetlana Mychkine |
Saskia Gronebergs Buch ist leider, aber verständlicherweise, nur in einer Vitrine hinter Glas zu sehen. Die an die Wand gepinnten S/W-Prints von Büropflanzen, werden durch dieses Buch mit Statements ergänzt, welche die Beziehung der im Büro Arbeitenden zu ihren jeweiligen pflanzlichen Zimmergenossen thematisieren. Zusätzlich bietet das Buch auch ein fotografisches Herbarium mit geradezu wissenschaftlicher Anmutung. Aber darauf deutet ja auch schon der vollständige Titel der Arbeit Gronebergs hin: „Büropflanze – eine Suche nach den Gründen und Formen ihrer Existenz“. Vervollständigt wird das Projekt sinnigerweise durch den Aufbau einer Installation mit realen Pflanzen, die, ordentlich mit dem Herkunftsbüro bezeichnet, in Laborgläsern stehen.
Buch von Saskia Groneberg in Vitrine |
Zum Wettbewerb und seinen Ergebnissen ist auch wieder ein Katalog erschienen, der u.a. auf der Website des Projekts bestellt werden kann. Dort finden sich neben Abbildungen, welche die sieben Projekte vorstellen, auch Texte, die weitere Hintergründe beleuchten. Eine Menge Informationen enthalten aber auch die empfehlenswerten Seiten von „Gute Aussichten“ im Internet. Dort werden auch die Ergebnisse früherer Wettbewerbe und die jeweiligen Preisträger kurz vorgestellt.
Fakten:
Ausstellung „Gute Aussichten – Junge deutsche Fotografie 2012/2013“ in der VHS Photogalerie in Stuttgart vom 20.03.2013 bis zum 12.05.2013
Website: www.guteaussichten.org
Katalog (Verlagsangaben):
„Gute Aussichten – Junge deutsche Fotografie 2012/2013“, Düsseldorf 2012
richter / fey Verlag
ISBN: 978-3-941263-51-2
212 Seiten, 308 Abbildungen, 21 cm x 15 cm
Katalog © www.guteaussichten.org |