Robert Polidori in der Galerie Karsten Greve

Robert Polidori: "Exteriors and Interiors", Köln 2014, Galerie Karsten Greve
Gleichzeitig mit der neu aufgestellten Internationalen Photoszene in Köln hatte diesen Herbst auch das dortige Photobook Museum seine Pforten geöffnet. Und Markus Schaden blieb mit seiner Aussage das Fotobuch sei das zentrale Ausdrucksmedium der Fotografie nicht ganz unwidersprochen. Eine Veranstaltung der Internationalen Photoszene unter dem Titel „Wall & Paper?“ widmete sich den unterschiedlichen Präsentationsformen fotografischer Arbeiten. Dazu gehörten Vorträge von Tobias Zielony, Tamara Lorenz, Chris Steele-Perkins und Beate Gütschow, die aus der Praxis berichteten, aber ebenso eine Podiumsdiskussion, an der auch Markus Schaden teilnahm. Und man konnte schnell bemerken, dass sich da keine unversöhnlichen Standpunkte gegenüberstanden, sondern die Möglichkeiten der Präsentation fotografischer Arbeiten durchaus sorgfältig gegeneinander abgewogen wurden.
 
In direkter Nähe zum Museum für Angewandte Kunst Köln, dem Veranstaltungsort von „Wall & Paper?, bietet sich in der der Galerie Karsten Greve noch bis zum 10. Januar 2015 die Gelegenheit ganz praktischen Anschauungsunterricht zu nehmen. Vielen wird Robert Polidori vor allem durch seine Publikationen bekannt sein. Allein seine in den letzten zehn Jahren im Steidl Verlag erschienen Bücher ergeben bereits ein stattliches Œuvre. Ich hatte außer ein paar Einzelbildern in Galeriekojen bei Paris Photo noch nicht viele für die Wand produzierte Arbeiten von ihm gesehen. Angesichts des Umfangs der Präsentation bei Karsten Greve kann man durchaus von einer veritablen Einzelausstellung sprechen.
 
Robert Polidori: After the Flood, Steidl Verlag 2006
 
Bereits beim Betreten der Räume wird mit dem Bild „Favela Rocinha # 1“ klar, dass manche Möglichkeiten der Präsentation nur an der großen Wand bestehen. Mit mehr als vier Metern Breite und fast drei Metern Höhe zieht einen dieses Bild förmlich in einem Sog in die Abbildung hinein. Auch kleine Details sind zu erkennen. Den Augen bieten sich vielfältigste Möglichkeiten das Bild abzutasten. Nicht alle gezeigten Bilder der Serie bringen das in gleichem Maße fertig. Bei manchen verhindert zum Beispiel die schützende Verglasung das wirkliche Eindringen des Blicks. Beeindruckend sind aber auch diese Ausstellungsstücke.
 
Das gilt auch für das neun Meter lange Panorama „60-Foot Road, Dhanavi, Mumbai“ aus dem Jahr 2008. Dem in der Galerie erhältlichen Katalogheft ist dieses Bild als ausklappbare, fast ein Meter lange Beilage hinzugefügt. Der Eindruck des riesigen Bildes an der Wand, der unter anderem auf den beeindruckenden Farben und der Möglichkeit Einzelheiten wahrzunehmen beruht, wird dadurch natürlich nicht annähernd erreicht. 
 
Aber es wäre falsch hier nur auf den oft vorhandenen Größenunterschied zwischen dem Bild an der Wand und dem im Buch abgedruckten Foto abzuheben. Durch eine definierte Beleuchtung und, vor allem bei unverglasten Prints, eine manchmal frappierende Qualität, aber auch die Möglichkeit sich frei vor dem Bild zu bewegen und den Abstand der Betrachtung auch extrem zu variieren, ergeben sich Möglichkeiten, die das Buch im Normalfall nicht bietet. Auch Zusammenhänge zwischen mehreren Bildern lassen sich im Museum und der Galerie anders herstellen. Wobei das kein Werturteil im Vergleich zur Abfolge von Bildern in einem Buch sein soll. Bücher haben auch in diesem Bereich ihre ganz spezifischen Möglichkeiten und Stärken. Und es ist immer wieder interessant, Arbeiten, die man bisher nur aus Büchern kannte, an den Wänden von Museen und Galerien zu begegnen. Wer bis zum Beginn des nächsten Jahres nach Köln kommt, sollte die Möglichkeit nutzen.
 
 

 

 
Fakten:
 
 
Ausstellung „Exteriors and Interiors“ von Robert Polidori in der Galerie Karsten Geve in Köln vom 10.09.2014 bis zum 10.01.2015
 
Website der Galerie mit Informationen zur Ausstellung 
 
 
 
Website des Steidl Verlags mit Informationen zu seinen dort erschienenen Büchern
 
 
Katalogheft zur Ausstellung:
 
Robert Polidori: „Exteriors and Interiors“, Köln 2014
Galerie Karsten Greve
Texte in englischer und deutscher Sprache
22 Seiten (+ ausklappbare Einlage), 13 Abbildungen in Farbe, 21 cm x 15 cm, mit Klammern geheftet