Ausstellung "Walter Ballhause, Der unsichtbare Fotograf"
Eine der eindrücklichsten Ausstellungen der Internationalen Photoszene 2012 war für mich die Präsentation der Fotografien Walter Ballhauses (1911-1991) in den Räumen der Arbeiterfotografie in Köln. Unter dem Titel „Walter Ballhause, Der unsichtbare Fotograf“ ist dort eine Auswahl seiner Arbeiten aus den 1930er Jahren zu sehen. Lange Zeit weithin unbekannt und wenig publiziert, wurden seine Fotografien durch Ausstellungen und Publikationen in Ost- und Westdeutschland ab 1981 wieder ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. In den damals bei Philipp Reclam jun. in Leipzig ("Überflüssige Menschen") und bei Schirmer/Mosel in München ("Zwischen Weimar und Hitler, Sozialdokumentarische Fotografie 1930 - 1933") erschienenen Büchern sind mir seine Bilder zum ersten Mal begegnet. Es folgte 1985 eine dtv-Taschenbuchausgabe in der Reihe „Zeugen und Zeugnisse“.
Zusammenstellung zu Tableaus
Die Ausstellungsräume der Galerie Arbeiterfotografie in Köln sind in der Größe sehr beschränkt. Das hätte bei der Vielzahl der Exponate leicht zu Problemen führen können. Aber die gerahmten Bilder sind thematisch und optisch sehr passend in eng gehängten Gruppen zu Tableaus zusammengefasst. Das ergibt einen beim ersten Blick fast überwältigenden Eindruck, bietet aber trotzdem die Chance auch einzelne der Fotografien beim Näherkommen genauer zu studieren. Arbeitslose und Kriegsversehrte, auf den Straßen spielende Kinder, aber auch ein Freizeitlager der „Roten Falken“ sind typische Sujets Ballhauses, der seine eigene Zugehörigkeit zur Arbeiterklasse nie verbirgt. Selber unter schwierigen Verhältnissen großgeworden und früh zum Geldverdienen gezwungen, kennt er sich mit den durch Armut verursachten Alltagsproblemen aus. Aber man kann auch erkennen, dass Ballhauses Blick an Arbeiten von Ernst Barlach, Heinrich Zille oder Franz Masereel geschult ist. Und seine Kriegsinvaliden lassen unwillkürlich an Otto Dix denken.
Ballhauses Fotografien, die vor allem in Hannover entstanden sind, schildern aber nicht nur das damalige Arbeitermilieu. Er ist ebenso ein Chronist von Naziaufmärschen, Boykottaufrufen gegen jüdische Geschäftsleute oder der Feierlichkeiten zu Hitlers Geburtstag. Ein eindrucksvolles Bild zeigt in Rückenansicht uniformierte Mitglieder der SA und einen Mitarbeiter der Gestapo im hellen Mantel. Die glänzenden Stiefel marschieren und werden wahrscheinlich bald zutreten. Ballhause fotografierte Bilder wie dieses mit einer geliehenen Leica, die er zwischen den Aufnahmen immer wieder unter seiner Jacke versteckte, um keine unnötige Aufmerksamkeit zu erzeugen.
Was die Ausstellung leider nicht bieten kann, ist die Begegnung mit den Originalabzügen Ballhauses. Bei den gezeigten Arbeiten handelt es sich um Prints, die nach Scans von Originalabzügen für diese Ausstellung erstellt wurden. Da Ballhause ein durchaus penibler Fotograf war, der auch mal stundenlang an einzelnen Bildern retuschierte, ist das einerseits natürlich schade, schmälert aber letztlich nicht den positiven Gesamteindruck.
Ausgabe der Zeitschrift Arbeiterfotografie
Leider verpasst habe ich den Vortrag von Jörg Boström über Walter Ballhause auf der Photokina, auf welcher der Bundesverband Arbeiterfotografie mit einem eigenen Stand vertreten war. Allerdings lässt sich in der jetzt erschienenen Doppelausgabe 96/97 der Zeitschrift Arbeiterfotografie ein Text Boströms über den Fotografen nachlesen. Neben zahlreichen Abbildungen bietet dieser Band auch den Abdruck von Interviews mit Walter Ballhause, die wie seine Bilder ein starkes politisches Engagement spüren lassen. Ergänzt wird das Heft durch ein Ausstellungs- und Publikationsverzeichnis und weitere Materialien zu Leben und Werk des Fotografen.
Fakten:
Ausstellung „Walter Ballhause, Der unsichtbare Fotograf“ in der Galerie Arbeiterfotografie vom 06.09.2012 bis zum 29.09.2012
Website der Galerie und des Bundesverbands Arbeiterfotografie e.V.: www.arbeiterfotografie.de