Liliput Album von Tübingen und Umgebung

Autor(en): 
Paul Sinner: Liliput Album von Tübingen und Umgebung

 

Es geht erstaunlicherweise auch im Fotobuchbereich noch ein bisschen kleiner als beim letzten Buch der Woche. Und schon der Titel des heute von mir vorgestellten Buchs weist darauf hin: „Liliput Album von Tübingen und Umgebung“. Es handelt sich um ein typisches Album mit einem Leporello, wie es sich selbst heute noch an Orten erwerben lässt, die von vielen Touristen besucht werden. Allerdings im hier vorgestellten Fall, im Stil der Zeit um 1900, in einem lederbezogenen Kartoneinband samt goldgeprägter Schrift und mit Abbildungen in schwarz-weiss.

 

Kaserne in der Südstadt

 

Ein genaues Erscheinungsdatum lässt sich aus dem Büchlein nicht erkennen. Auf der Innenseite des rückwärtigen Umschlags ist allerdings ein Stempel der 1. Kompagnie des 10. Württ. Infanterie-Regiments Nr 180 ersichtlich. Dieses Regiment bestand zwischen 1897 und 1919. Wahrscheinlich dürfte das Album zwischen 1900 und dem Beginn des Ersten Weltkriegs erschienen sein. Stationiert war die genannte Abteilung der Armee in der Kaserne in der Tübinger Südstadt. Ein Bild der Kaserne ist im Album zu finden. Das Gebäude war zur damaligen Zeit also anscheinend ein durchaus bedeutender Ort in Tübingen. Vielleicht war die Aufnahme des Motivs in das Album aber auch der daraus folgenden besseren Verkäuflichkeit an hier stationierte Soldaten geschuldet.

 

Doppelseite 4 des Leporellos, Abbildung der Kaserne auf dem rechten Blatt

 

Im Album werden ausser der Kaserne die ortsüblichen Sehenswürdigkeiten gezeigt: z.B. das Schloss, das Rathaus, die "Neue Aula" der Universität. Erstaunlicherweise fehlt das heutzutage wohl von Touristen am meisten fotografierte Motiv Tübingens, die Neckarfront mit dem Hölderlinturm. Dafür sind einige Orte der Umgebung einbezogen: das Kloster in Bebenhausen (nach dem Ersten Weltkrieg der Ruhesitz des württembergischen Königs und seiner Frau), der Lichtenstein und das Schloss Hohenzollern.

Die Druckqualität des Albums lässt zeittypisch zu wünschen übrig, war aber vielleicht auch aus Kostengründen nicht allzu ambitioniert. Aufgrund der sehr kleinformatigen Abbildungen (43 mm x 67 mm) lässt sich manches Detail in den Übersichtsaufnahmen nicht gerade gut erkennen. Andererseits wurden für den in dieser Hinsicht anspruchsvolleren Kunden ja auch großformatigere Alben angeboten.

 

Der Fotograf Paul Sinner

 

Der Fotograf des Albums Paul Sinner (1838 – 1925) kann wohl als wichtigste Person in der Geschichte der Fotografie in Tübingen gelten. Wolfgang Hesse hat in seinem Buch „Ansichten aus Schwaben“ ausführliche Informationen über Sinner zusammengetragen und zeigt dort zahlreiche seiner Fotografien. Dieses Buch erläutert auch die durchaus überregionale Bedeutung Sinners, der u.a. mit Aufnahmen vom Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 von sich reden machte.

 

Wolfgang Hesse: "Ansischten aus Schwaben", Tübingen 1989

 

Im Anhang finden Sie in den dortigen Bilddateien das komplette Liliput-Album, um sich selber einen Eindruck davon machen zu können.

 

 


 

 

Fakten :

 

Paul Sinner: „Liliput Album von Tübingen und Umgebung“, Tübingen, o. Jahr,

Paul Sinner Photographisches Atelier und Verlag

12 seitiger Leporello (einseitig bedruckt), 12 s/w Abbildungen, 6 cm x 8,5 cm

 

 

Wolfgang Hesse: "Ansichten aus Schwaben. Kunst, Land und Leute in Aufnahmen der ersten Tübinger Lichtbildner und des Fotografen Paul Sinner (1938-1925)", Tübingen, 1989

Verlag Gebrüder Metz

ISBN 3-921580-79-X

180 Seiten, 68 S/W Tafeln und zahlreiche Abb. im Text, 26,5 cm x 26,5 cm