Emanuel Raab "Winterwald" in der VHS Photogalerie Stuttgart

Einige Erwartungen könnten in dieser Ausstellung enttäuscht werden. Der Titel „Winterwald“ bedeutet nicht, dass  hier dick verschneite Fichten im hellen Sonnenlicht mit blauem Himmel oder alternativ im winterlichen Schneegestöber zu sehen sind. Überhaupt haben die Bilder mit dem, was man gemeinhin als Bild vom Wald im Kopf hat, eher wenig zu tun. Denn es geht auch nicht um vertikal das Bild ordnende Baumstämme und erdige, kräftige Farben in einem kontrastreichen Spiel von Hell und Dunkel.

Gestrüpp und undurchdringliches Dickicht?

Emanuel Raabs Bilder vom Wald sehen anders aus: Eher schon nach Gestrüpp und  undurchdringlichem Dickicht. Ziemlich abweisend jedenfalls und so gar nicht wie ein Sehnsuchtsort. Aber je länger man sich die Bilder betrachtet, desto transparenter wird dieses zunächst so dichte Gewirr von Zweigen, Ranken und verschlungenen Lianen. In vielen Fällen werden mehrere Schichten sichtbar, die sich durch wohlüberlegte Festlegung der Schärfe vor dem Hintergrund staffeln. Auf den ersten Blick erscheinen die Aufnahmen fast monochrom, lassen bei näherer Betrachtung aber durchaus auch grüne Blätter, gelbe Flechten oder andere dezente Farbakzente erkennen.

Die Prints sind nicht sehr groß (ca 44 cm x 60 cm inkl. weissem Rand). Aber beim Herantreten an die Bilder kann man die filigranen Muster und verschiedenen Schichtungen hinreichend genau studieren. Etwas was auch bei Betrachtung des im Kehrer Verlag erschienenen Buchs erstaunlich gut gelingt, da dieses die subtilen Strukturen der Fotografien recht detailgenau auf die gedruckten Seiten bringt.

Den Text fürs Buch schrieb Christiane Stahl, die Leiterin der Alfred-Ehrhardt-Stiftung, die auch die Einführungworte während der Eröffnung der Ausstellung in der Stuttgarter VHS-Photogalerie sprach. Die Ausstellung war zu Beginn des Jahres in den Räumlichkeiten der Stiftung in Berlin zu sehen.

"Der deutsche Wald in der zeitgenössischen Fotografie"

Wahrscheinlich wird nicht jeder Betrachter diese Bilder spannend finden. Vielleicht braucht man eine gewissermaßen meditative Stimmung, um den Wunsch zu verspüren, sich in diese Bilder zu vertiefen. Fotografische Bilder vom Wald scheinen derzeit mal wieder Konjunktur zu haben. In der Oktoberausgabe der Photonews werden neben Emanuel Raabs "Winterwald" weitere Positionen zum Thema vorgestellt. Und im Rahmen des Monats der Fotografie in Berlin wird Prof. Klaus Honnef am 28. November in der Alfred-Ehrhardt-Stiftung einen Bildvortrag mit dem Titel „Der deutsche Wald in der zeitgenössischen Fotografie“ halten.

Fakten:

Ausstellung „Winterwald“ von Emanuel Raab in der VHS-Photogalerie in Stuttgart vom 29.09.2012 bis zum 02.12.2012

Buch:

Emanuel Raab: „Winterwald“, Heidelberg, 2012

Kehrer Verlag

ISBN 978-3-86828-241-2

80 Seiten, 35 farbige Abbildungen, 24 cm x 33 cm